Verbindet Yoga Muskeln und Psyche?

Besteht mit Yoga eine Verbindung zwischen Muskeln und Psyche? Was haben unser Gedanken oder Gefühle mit unseren Muskeln zu tun? Kann eine Verspannung oder chronische Schmerzen durch Emotionen entstehen und was kann ich dagegen tun?

Unser Körper ist vergleichbar mit einer Landkarte und einem Lagerhaus, indem jede Erfahrung, die wir je gemacht haben, gespeichert wird. Das kann sich sehr unterschiedlich auswirken.

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Wir könnten sagen dass viele Menschen unterdrückte Gefühle in unterschiedlichen Bereichen ihres Körpers, mit sich herumtragen. Sie tun es ohne es zu wissen, aber sie spüren es. Jahrelang oder sogar jahrzehntelang kann diese blockierte Energie, in den Muskeln festgehalten werden. Diese unterdrückte Energie kann verantwortlich für unzählige Krankheiten und chronische Gesundheitszustände sein, die grosses Leid verursacht.

Unser Körper vergisst nicht

In unserem Kopf können wir traumatische Erlebnisse aufarbeiten oder unterdrücken. Unser Körper aber vergisst nicht. Damit ist er aber gleichzeitig der ehrlichste und offensichtlichste Weg, um auf gefangene Gefühle und sogar traumatische Erinnerungen zuzugreifen. Damit haben wir die Chance auf Heilung.

Wer unter chronischen Verspannungen in Nacken, Schultern, Rücken, Oberschenkeln, Beinen oder einem anderen Bereich zu kämpfen hat und bisher vielleicht erfolglos nach einer Behandlung gesucht hat, hat vielleicht die Wurzel seiner Schmerzen noch nicht entdeckt. Obwohl die Schmerzen körperlich sind, muss die Ursache nicht dort liegen.

Chronische Muskelverspannung lösen?

Studien und Untersuchungen belegen, dass es für Muskelverspannungen, neben organischen Gründen, vier weitere Ursachen gibt.

Eine Ursache ist die soziale Konditionierung. Es ist die Prägung, die wir im Laufe unseres Lebens erhalten. Sie beginnt in der frühesten Kindheit durch die Eltern, Familie, auch Freunde, Lehrer und der Gesellschaft in der wir leben.

Soziale Konditionierung

Ein Grossteil der Muskelverspannungen, die wir entwickeln, ist das Ergebnis unausgesprochener sozialer Überzeugungen, die wir lernen sollten, um akzeptiert zu werden oder sympathisch zu sein. „Indianer kennen keinen Schmerz“ wurde vielen Kindern gelernt, weil sie doch starke Menschen werden sollten. Auch Wut musste unterdrückt werden und viele Kinder wurden für dieses Empfinden bestraft. Auch als Erwachsener setzt sich dies fort. Wut als Ausdruck ist am Arbeitsplatz unerwünscht und unprofessionell.

Trauma

Eine weitere Ursache für Muskelverspannungen ist ein Trauma. Traumatische Erlebnisse können durch sogenannte Erziehungsmassnahmen bei Kindern entstehen und reichen hin bis zu extremer Gewalt im Erwachsenenalter. Traumen können auch durch Unfälle entstehen. Wenn diese traumatischen Erlebnisse nicht bewusst behandelt werden, können sie zu chronischer Angst, Stress und zum Auftreten von PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörungen) führen.

Diese chronische Angst, Wut und Trauer wird im Körper gespeichert, was Muskelverspannungen verursachen, was wiederum zu zahlreichen anderen Krankheiten wie Fibromyalgie, Verdauungsstörungen, psychischen Erkrankungen und sogar Krebs führen kann.

Psychische Verspannung lösen

Die dritte Ursache für Muskelverspannungen sind psychische Verspannungen. Psychische Spannungen sind jede Form von Angst, Frustration, Traurigkeit oder Wut, die wir aufgrund unserer Wahrnehmungen entwickeln.

Zum Beispiel können wir psychische Anspannungen entwickeln, wenn wir uns über einen Kollegen ärgern oder schon wieder im Stau steckenbleiben. Unsere automatische Tendenz, an diesen Gedanken festzuhalten und sie ernst zu nehmen, verursacht psychische Anspannungen. Je negativer, ängstlicher oder fehlerhafter unsere Perspektive ist, desto mehr Anspannung speichern wir in unseren Muskeln, die sich letztendlich verspannen.

Umweltstressoren und Gewohnheiten

Die letzte Ursache für Muskelverspannungen sind Umweltstressoren und -gewohnheiten. Zum Beispiel verschlimmert ein sitzender Lebensstil unsere körperlichen Schmerzen, weil wir unseren Muskeln keine Chance geben, die Spannung abzubauen. Andere Gewohnheiten wie schlechte Körperhaltung, Schlafmangel, Drogenkonsum, ungesunde Ernährung und Umweltverschmutzung, erhöhen tendenziell die Wahrscheinlichkeit, dass wir chronische Muskelverspannungen entwickeln.

Folgen chronischer Muskelverspannungen

Auf dem Gebiet der Psychosomatik gibt es zahlreiche Studien, die im Laufe der Jahre durchgeführt wurden, in denen die Wirkung des Geistes auf den Körper untersucht wurde und umgekehrt.

In Bezug auf Muskelverspannungen, die durch mentale und emotionale Faktoren verursacht werden, treten häufig viele gesundheitliche Probleme auf, die zudem nicht damit in Verbindung gebracht werden. Es beginnt mit Stimmungsschwankungen oder Angstzuständen, Hautproblemen wie Akne oder Psoriasis, Kopfschmerzen oder Migräne, Brustschmerzen, Fibromyalgie, Reizdarmsyndrom und andere Verdauungsprobleme, sexuelle Dysfunktion oder eine erhöhte Tendenz zu Suchtverhalten.

Die Aufzählung ist nicht vollständig und dennoch zeigt sie die verschiedenen Folgen, die Muskelverspannungen mit sich bringen können.

Muskelverspannungen – oder eine bessere Art zu leben

Laut einer 2012 durchgeführten Studie leiden 25,3 Mio. Amerikaner, das sind 11,2% der Bevölkerung in den USA, täglich an chronischen Schmerzen, 17,6% darunter an starken. Es ist eine düstere Realität. denn viele Menschen leiden täglich unter Muskelverspannungen und es sollte doch eine bessere Art zu leben geben.

Obwohl jeder anders ist, anders verarbeitet oder anders unterdrückt und es keine konkreten Orte im Körper gibt, an denen Emotionen direkt gespeichert sind, gibt es bestimmte Orte, an denen sich bestimmte Arten von Gefühlen ansammeln.

Anbei neun der häufigsten Arten von Muskelschmerzen und den damit verbundenen Emotionen

Schulterverspannung lösen – Belastungen und Verantwortlichkeiten

Wenn wir uns von den alltäglichen Sorgen und dem Stress belastet fühlen, neigen wir dazu, diese Gefühle in unseren Schultern anzusammeln. Wer kennt nicht die Aussprüche, welche Last auf unseren Schultern lastet?

Schulterverspannungen scheinen eng mit sozialer und emotionaler Verantwortung verbunden zu sein, einschliesslich der unbewussten Belastung durch die Schmerzen anderer Menschen. Daher haben viele empathische Menschen wie Therapeuten aber auch Hausmeister mit chronischen Schultermuskelverspannungen zu kämpfen.

Nackenverspannung lösen – Angst und unterdrückter Selbstausdruck

Nackenverspannungen ähneln oft Hals-Chakra-Problemen, wie der Unfähigkeit, klar zu kommunizieren oder authentisch zu sein. Angst und Furcht werden auch häufig in diesem Bereich gespeichert, schliesslich ist der Hals ein verletzlicher Bereich. Zuletzt sollen Verspannungen im Nackenbereich auch mit mangelndem Vertrauen zusammenhängen.

Oberer Rücken – Trauer und Traurigkeit

Unausgesprochene und nicht gezeigte Traurigkeit neigt dazu, sich im oberen Rückenbereich aufzustauen. Da dieser Bereich nahe am Herzen liegt, werden hier auch Emotionen gespeichert, die mit Herzschmerz und Verlust verbunden sind. Wer zum Beispiel Trauer über einen geliebten Menschen eine Familiensituation mit sich herumträgt, kann in diesem Bereich unter Verspannungen leiden.

Mittlerer Rücken – Unsicherheit und Ohnmacht

In der Reflexzonenmassage werden Schmerzen im mittleren Rücken mit Gefühlen der Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Unsicherheit verbunden. Wer sich von anderen Menschen oder dem Leben an sich nicht unterstützt oder alleingelassen fühlt, kann hier an Verspannungen leiden.

Unterer Rücken – Schuld, Scham und geringe Wertschätzung

Probleme im unteren Rückenbereich korrelieren häufig mit Gefühlen von geringem Selbstwert und mangelnder Selbstakzeptanz. Hier können auch Gefühle wie Schuldgefühle, Schamgefühle gespeichert werden.

Magen – Unfähigkeit, Emotionen zu verarbeiten

Der Ausdruck „Ich kann es nicht ertragen“ oder auch „etwas im Magen liegen“, beschreibt die Blockade angemessen. Wenn sich der Magen steif oder sensibel anfühlt, kann es möglicherweise ab der Schwierigkeit liegen, sowohl negative (als auch positive) Emotionen zu verarbeiten.

Innere Oberschenkel – Angst vor Verwundbarkeit

Sehr selten aber möglich sind Schmerzen der inneren Oberschenkel. Sie können aus Nervosität und Misstrauen gegenüber anderen Menschen resultieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Beine auch der Flucht dienen und so kann Misstrauen und Angst vor anderen Menschen in Form von Verspannungen der inneren Oberschenkeln speichern werden.

Äussere Oberschenkel – Frustration und Ungeduld

Wie schnell wird gelebt? Je schneller und gedankenloser gelebt wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass Frustration und Ungeduld sich in den äusseren Oberschenkelmuskeln speichern. Unsere Arbeit und unser Privatleben können zu erheblichen Muskelverspannungen in diesen Bereich beitragen.

Gesäss – Wut und Zorn

Wie oft müssen wir uns mit Menschen auseinandersetzen, die uns „auf den Geist – oder auf den … gehen?“ Wut und Zorn werden oft im Gesäss gespeichert. Wenn wir wieder einmal innerlich kochen, weil uns jemand auf den Geist geht, vielleicht sind wir vielleicht auch wo ganz anders angespannt?

Wie können unterdrückte Gefühle losgelassen werden?

Unterdrückte oder ignorierte Emotionen können sich physisch festsetzen. Das bedeutet aber auch, dass wir sie wieder lösen können.

  • Erste Schritte sind, es einen erlauben, sie zu fühlen. Dann können sie auch heilen. Es gibt eine ganze Reihe von einfachen Methoden um Muskelverspannungen zu lösen.
  • Wir können Gefühle bewusst, aktiv fühlen und loslassen, wenn sie kommen. Im Moment ist das oft nicht möglich. Aber am Abend können wir unseren Tag passieren lassen und unseren Gefühlen Raum geben.
  • Es ist wichtig, sich nicht dafür zu verurteilen. Gefühle dürfen nicht bewertet werden, denn sie sind weder falsch noch richtig. Sie sind ein Mittel, mit dem wir eine Situation, ein Erlebnis verarbeiten.
  • Wir können Sport machen, in ein Kissen schlagen, Spazierengehen oder Tagebuch schreiben und zwar ungefiltert, Gedanken so wie sie erscheinen aufschreiben. Es ist heilender als es scheint.
  • Wir müssen freundlich mit uns umgehen, auch wenn uns unsere inneren Stimmen immer nur fordern und ermahnen, denn dann können sich Muskelverspannungen lösen und entspannen. Behandeln sie sich wie ihren besten Freund oder ihre beste Freundin.
  • Dehnen Sie Ihre Muskeln. Gerade weil sie verspannt sind, sollten sie gestreckt werden. Auch hier geht es nicht um einen Wettbewerb sondern um die Dehnung, die Entspannung bringt. Wir können nach Gefühl dehnen oder uns an einfachen Yoga-Übungen orientieren mit denen wir alle Regionen des Körper dehnen können.
  • Atmen und zwar tief. Tiefes Atmen entspannt und durch unsere Atmung haben wir Einfluss auf den Parasympathikus, der für Entspannung sorgt und den Geist beruhigt.
    Im Yoga kennen wir die Tiefenentspannung. Es ist nicht nur eine Möglichkeit aktiv zu entspannen sondern unseren gesamten Muskelverspannungen auf den Grund zu kommen.

Damit gibt es bereits eine ganze Reihe an Möglichkeiten, Muskelverspannungen auch chronischen, auf die Spur zu kommen und „Lösungen“ zu finden.

Resultieren chronische Muskelverspannungen aus sehr tiefgreifenden Erlebnissen oder Traumen, so sollte eine professionelle Hilfe aufgesucht werden, geeignete Therapien wie auch die Psychotherapie.